Förderungswesen

In Niederösterreich (NÖ) werden Förderungen – in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) „Subventionen" – von der Europäischen Union, dem Bund, dem Land NÖ, den Gemeinden und von den gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zum Beispiel von der Wirtschaftskammer NÖ) vergeben. Daher besteht ein flächendeckendes Netz an beratenden und fördernden Stellen mit verschiedenen teilweise überlappenden und teilweise kombinierbaren Unterstützungen.

 

NÖ Förderungsvolumen

Im NÖ Landeshaushalt 2016 sind insgesamt 1,88 Milliarden Euro veranschlagt. Davon entfallen über eine Milliarde Euro auf Soziale Wohlfahrt, Wohnbau, Gesundheit
und Umwelt; 167 Millionen Euro flossen in den Straßen- und Wasserbau sowie in den Verkehr, 150 Millionen Euro in die Wirtschaftsförderung, 117 Millionen in die Kultur, 79 Millionen in die Bereiche Unterricht, Erziehung, Sport, Wissenschaft und 236 Millionen gingen an die NÖ Gemeinden. Weitere Förderungen erhalten Verbände (darunter etwa die Freiwilligen Feuerwehren), Vereine und gemeinnützige Einrichtungen.

Die Vergabe von Förderungen erfolgt weitgehend im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung aufgrund von  Förderungsprogrammen und Förderungsrichtlinien, die teilweise auf Förderungsgesetzen beruhen. Die Abwicklung der Landesförderungen obliegt nicht nur Dienststellen, Fonds und Gesellschaften des Landes sondern zum Beispiel im Rahmen von Geschäftsbesorgungsverträgen auch Einrichtungen außerhalb des Landes NÖ (Musikschulförderung, Volkskultur). Ein Gesamtüberblick über die NÖ Förderungslandschaft bzw. eine zentrale Förderungsevidenz fehlten.

Der Landesrechnungshof weist am Beispiel der Wirtschaftsförderung darauf hin, dass mit der  Anzahl der Systemebenen (Europäische Union, Bund, Land NÖ, Gemeinden) und der Anzahl der Systembeteiligten (Förderstellen der Europäischen Union, des Bundes, des Landes NÖ, der Wirtschaftskammer NÖ) zunehmend Mittel in den Strukturen sowie für Abstimmungen und Evaluierungen gebunden werden. Übereinstimmende oder überlappende Förderungsziele sowie finanzielle und vertragliche Verbindungen der Förderungsstellen, zum Beispiel durch Haftungen und Rückbürgschaften, erschweren es, die Wirksamkeit bzw. Zweckmäßigkeit der eingesetzten
Landesmittel und deren Wirtschaftlichkeit im europäischen Kontext nachzuweisen. Zudem begünstigte die getrennte Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung mögliche Mitnahmeeffekte, weil neben dem eigentlichen Förderungszweck auch das – nachvollziehbare – Interesse tritt, die Fördermittel Dritter, beispielsweise des Bundes oder der Europäischen Union, auszuschöpfen.

Daher sollen die Zuständigkeiten für Förderungen des Landes NÖ bei der sachlich zuständigen Abteilung bzw. Förderstelle angesiedelt und nur insoweit ausgelagert werden, als Spezialwissen, zum Beispiel einer Förderbank, erforderlich ist.

Die Anzahl der mit Förderungen befassten Stellen und damit die Komplexität des Förderungssystems soll möglichst niedrig gehalten bzw. tunlichst verringert werden.

Auch die Aufgabenreform- und Deregulierungskommission (ADK) 2015 schlug Maßnahmen – wie eine grundsätzliche Zuständigkeitsfestlegung für Förderungsbereiche, den Ausbau der Transparenzdatenbank und gebiets- und körperschaftenübergreifende Förderungsstrategien – vor.

In seinen Positionen für eine Nachhaltige Entwicklung Österreichs und in seinen Bericht Reihe Niederösterreich 2006/2 „Öffentliche Förderungen" verlangte der Rechnungshof unter andern folgende Maßnahmen, um einen effizienten und effektiven Fördermitteleinsatz zu gewährleisten:

  • ­Schaffung eines strukturierten Gesamtüberblicks über Fördermaßnahmen
  • ­Umsetzung einer österreichweiten Förderungsdatenbank
  • ­Kompetenzabgrenzungen zwischen den Gebietskörperschaften
  • ­Konzentration der Fördergeber, Fördertöpfe und Förderstellen
  • ­bundesweit einheitliche Mindeststandards für Förderungen

 

Mindestanforderungen an das NÖ Förderungswesen:

Dem Landesrechnungshof kommt es bei der Vergabe von Förderungen darauf an, dass Überförderungen und Mitnahmeeffekte vermieden sowie die Sparsamkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Förderungsmittel gewährleistet werden. Die folgenden Mindestanforderungen an ein leistungs- und wirkungsorientiertes Förderungswesen (Wirkungsorientierung, Gleichstellung von Frauen und Männern, Inklusion von Menschen mit Behinderung, Transparenz) werden in unterschiedlicher Ausprägung in den jüngeren Förderungsrichtlinien des Landes NÖ bereits berücksichtigt und sollten im Förderungswesen des Landes NÖ jedenfalls beachtet werden:

Förderungsziele, Förderungsstrategie:

Das System des Förderungswesens soll auf übergreifenden Zielen und Richtlinien für alle Förderungssparten beruhen und gesamthaft gesteuert werden. Für die jeweilige Förderungsleistung wären Förderungsziele und angestrebte Wirkungen sowie Messgrößen bzw. Indikatoren festzulegen.

 

Vermeidung von Mehrfachförderungen:

Mehrfache Förderungen und Überschneidungen unter verschiedenen Anknüpfungspunkten bzw. Aspekten sollen nicht von Vornherein in Betracht gezogen, sondern auf begründete Ausnahmen beschränkt werden. Dabei soll eine Fachabteilung nach Überwiegenheit im Einvernehmen mit den anderen Fachabteilungen oder Förderungsstellen die Abwicklung übernehmen. Die Anzahl der Förderungsstellen soll reduziert werden.

Vorrang für Projektförderungen:

Der Förderung von konkreten Vorhaben soll der Vorrang gegenüber der – zeitlich unbefristeten – Förderung von Einrichtungen (Basis- bzw. Bestandsförderung) eingeräumt werden.

Rechtskonformität:

Förderungen müssen dem Voranschlag des Landes NÖ, dem Gleichheitsgrundsatz, den in Betracht kommenden Haushaltsvorschriften, Förderungsgesetzen sowie allgemeinen bzw. besonderen Richtlinien des Landes NÖ entsprechen. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen, Richtlinien und Förderungskriterien haben allgemein zugänglich zu sein.

Die Möglichkeit, durch die Wahl des Förderungsaspekts, den Anforderungen zum Beispiel der Kultur-, Musikschul-, Sport- oder Wirtschaftsförderung auszuweichen, ist durch eine Angleichung der Mindestanforderungen von Vornherein auszuschließen.

Die Einhaltung der Förderungsrichtlinien ist sicherzustellen und Ausnahmefälle sind nachvollziehbar zu begründen. 

Außenwirkung:

Die Förderungsverwaltung hat nicht nur selbst sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu agieren, sondern mit der Förderungszusage (Förderungsvertrag, Förderungsvereinbarung) und dem Verwendungsnachweis darauf hinzuwirken, dass auch der Förderungsnehmer die gewährten Förderungen dementsprechend einsetzt. Das setzt insbesondere – abgestuft nach Art und Umfang der Förderung – schriftliche Konzepte mit messbaren Zielen und Wirkungen voraus.

Mindestinhalte:

Förderungsrichtlinien haben jedenfalls den Anwendungsbereich, die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen, die Förderungswürdigkeit, die Förderungsziele und die damit angestrebten Wirkungen, den Förderungsgegenstand und die förderbaren Kosten, die Art der Förderung (Projekt-,Einzel-, Gesamtförderung, Zuschuss, ...), das höchstzulässige Ausmaß der Förderung, den Ausschluss von Förderungen, Vorschriften für die Antragstellung, die beizubringenden Unterlagen (Beschreibung der förderbaren Leistung; Kosten-, Zeit- und Finanzierungsplan; Eigenleistung), Mitteilungspflichten zu sonstigen Förderungen aus öffentlichen Mitteln, Auflagen
und Bedingungen, Form und Inhalt der Förderungszusage und des Förderungsvertrags (Muster, Formular), die Auszahlung (insbesondere wenn sich die Förderung über einen längeren Zeitraum erstreckt), den Nachweis und die Kontrolle der widmungsgemäßen Verwendung (zum Beispiel Abrechnungen der Vorhaben, der Periode, Originalbelege, Rechnungsabschlüsse) und die Rückforderung zu regeln sowie Verfahrensvorschriften zu enthalten.

Bindungswirkung:

Da mit der Förderungszusage bereits ein Vertragsverhältnis (Vorvertrag, Fördervertrag) entsteht, hat diese erst nach einer rechst- und richtlinienkonformen Prüfung des schriftlichen Förderungsantrags zu erfolgen. Davor sollen lediglich die Prüfung der Förderungsfähigkeit zugesagt bzw. eine kundenfreundliche Information dazu erfolgen. Für die Förderungsverträge sollen Musterverträge bzw. Formulare verwendet werden. Darin sind die Förderung (Art, Zweck, Auflagen, Nachweise, Indikatoren) bzw. das geförderte Vorhaben so genau festzulegen, dass die widmungsgemäße Verwendung der Förderungsmittel überprüft werden kann; zudem ist eine Rückzahlungsverpflichtung ungerechtfertigt erhaltener oder widmungswidrig verwendeter Förderungsmittel zu verankern.

Förderungsverfahren:

Im Vorfeld und im Zuge des gesamten Förderungsverfahrens soll der Anschein von unsachlichen Entscheidungsgründen durch eine Nachvollziehbarkeit und eine Offenlegung der maßgeblichen Entscheidungsgründe vermieden werden. Daher sollen Förderungen nur aufgrund eines formalisierten Ansuchens mit vollständigen und verpflichtenden Angaben bzw. Antragsformularen gewährt und elektronisch abgewickelt werden. Das Förderungsansuchen soll ausreichend begründet sein und in einer elektronischen Förderungsevidenz erfasst werden. Zudem ist sicherzustellen, dass alle für eine Einrichtung oder für ein Vorhaben beantragten und gewährten Förderungen gemeldet und Mehrfachförderungen sowie Überförderungen vermieden werden. Die
Angaben des Förderungswerbers und die geplante Förderung sind mit anderen in Betracht kommenden Förderungsstellen abzustimmen.

Nachvollziehbare Entscheidungsgründe:

Die Förderungszusage oder eine Ablehnung hat sich auf die bestehenden Rechtsgrundlagen und Richtlinien sowie auf nachvollziehbare Entscheidungsgründe zu stützen und die Gleichbehandlung der Förderungswerber sicherzustellen. Demnach sind Förderungen nur im unumgänglich notwendigen Ausmaß und nur bei Vorliegen aller sachlichen Voraussetzungen zu gewähren. Dabei sind ausreichende Eigenleistungen des Förderungswerbers und andere Förderungen aus öffentlichen Mitteln zu beachten. Die Entscheidungsgründe sind dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar zu dokumentieren und dem Förderungswerber bekannt zu geben.

Internes Kontrollsystem:

Alle Förderungsstellen müssen über ein Internes Kontrollsystem verfügen und den Anschein von Interessenskollisionen vermeiden. Das beinhaltet auch die Funktionstrennung bzw. die Unvereinbarkeit von gleichzeitigen Funktionen beim Förderungsgeber und beim Förderungswerber.

Förderungskontrolle und Abrechnung:

Im Rahmen der Förderungskontrolle und die Abrechnung der Förderung sind die widmungsgemäße Verwendung der Förderung und die Einhaltung des Förderungsvertrags zu überprüfen. Die Abrechnung bzw. die widmungsgemäße Verwendung soll von einer Person kontrolliert werden, die nicht in die Förderungsentscheidung eingebunden ist.

Grundsätzlich sind Originalbelege für die gesamte Förderungssumme vorzulegen und zu entwerten. Eine stichprobenweise Kontrolle reicht nur aus, wenn die Art der Förderung, die Nachweise und die Haushaltsvorschriften dies zulassen. Bei einer Vorsteuerabzugsberechtigung des Förderungswerbers ist nur der Nettorechnungsbetrag anzuerkennen. Die Abrechnungen sollen zeitnahe überprüft und Abrechnungstermine überwacht werden. 

Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung:

Der Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung hat den Haushaltsvorschriften, den Richtlinien und dem Förderungsvertrag zu entsprechen.

Evaluierung:

Hohe Einzelförderungen (zum Beispiel über der De-minimis-Grenze der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006), mehrjährige und mehrfache Förderungen sowie Förderungsprogramme sind hinsichtlich ihrer Weiterführung bzw. Weiterentwicklung zu evaluieren. Auch diese Ergebnisse sollen elektronisch erfasst werden.

Kennzahlen:

Für das Förderungscontrolling sind Kennzahlen zu bilden und auszuwerten, zum Beispiel Gesamtdurchlaufzeit (Antragstellung bis Förderungszusage oder vollständiger Antrag bis Förderungszusage), Anteil der Anträge mit Nachforderungsbedarf, Anteil der Ablehnungen, Mittelverteilung nach Zielgruppen, Zweck, Art und Umfang, Region, Förderbarwert pro Förderungsfall, Investitionsvolumen pro Förderungsfall oder Anteil des Personal- und des Sachaufwands oder des Entgelts für Dienstleister am Förderungsvolumen.

Förderungsevidenz, Förderungsdatenbank:

Ab der Antragstellung sind alle Verfahrensschritte und die Entscheidungsgründe nachvollziehbar zu dokumentieren und in der Förderungsevidenz bzw. einer Datenbank zu erfassen. Hierzu sind geeignete Systeme einzurichten bzw. die bestehenden Systeme zu vernetzen. Ein aktueller Status der Förderung und eine Ausnutzung der Förderungsmittel sollen verfügbar sein.

Förderungsbericht:

In den Bereichen Kultur, Sport und Wirtschaft werden jährlich Förderungsberichte veröffentlicht. Diese Transparenz soll für alle Förderungen hergestellt werden.

Verwaltungsaufwand:

Der Personal- und Sachaufwand für die Förderungsverwaltung soll ermittelbar und mit anderen Förderungsstellen vergleichbar (einheitliche Festlegung) sein. Der Verwaltungsaufwand soll ein angemessenes Verhältnis zur Förderungshöhe aufweisen. Allenfalls wären Bagatellgrenzen für Förderungen festzulegen. Die Auslagerung der Förderungsabwicklung an Dienstleister hat im Wettbewerb zu erfolgen und bedarf eines Kosten-Nutzen-Verhältnisses.

Aus- und Weiterbildung:

Die mit Angelegenheiten der Landesförderung befassten Personen müssen im Haushalts- und Förderungswesen (Vergabe, Abwicklung, Abrechnung) qualifiziert sein.

Der Landesrechnungshof geht bei der Überprüfung von Förderungen nach dem „Leitfaden für die Prüfung von Förderungen" vor. Dieser wurde von den Landesrechnungshöfen, dem Stadtrechnungshof Wien und dem Österreichischen Städtebund gemeinsam erarbeitet und im März 2014 verabschiedet. Außerdem orientierte er sich an den Kernaussagen des Rechnungshofs.