05/2011 - Strafgeldgebarung

Der NÖ Landesrechnungshof überprüfte die Abwicklung der Strafgeldgebarung an Hand der Verwaltungsstrafverfahren der 21 Bezirkshauptmannschaften sowie die Tätigkeit der davon betroffenen Abteilungen des Amtes der NÖ Landesregierung.
Die NÖ Landesregierung sagte im April 2011 in ihrer Stellungnahme zum vorläufigen Überprüfungsergebnis vom Jänner 2011 zu, alle zwölf Empfehlungen des NÖ Landesrechnungshofes umzusetzen.
Rund 310 Bundes- und 70 NÖ Landesgesetze enthalten Strafbestimmungen (davon etwa 40 mit gesonderten Widmungsbestimmungen). Etwa 90 % der Anzeigen betrafen die Straßenverkehrsordnung. An deren Beispiel zeigt der NÖ Landesrechnungshof, dass die zahlreichen unterschiedlichen Widmungen von Strafgeldern aufwendig zu vollziehen sind und im Ergebnis wie ein Finanzausgleich wirken. Daher sollte auf eine Vereinfachung hingewirkt werden.

Strafgeldgebarung

Geldstrafen fließen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dem Land NÖ für Zwecke der Sozialhilfe oder dem Bund zu, wenn ein Bundesgesetz im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion vollzogen wurde.
Im Jahr 2009 wickelten die zuständigen Dienststellen des Landes NÖ Strafgelder von rund € 57 Millionen ab. Davon flossen aufgrund der rechtlichen Vorgaben rund € 19 Millionen dem Land NÖ zu. Rund € 38 Millionen waren an Dritte abzuführen. Die Einnahmen des Landes NÖ aus Strafgeldern blieben 2007 bis 2009 annähernd gleich und stiegen 2010 laut vorläufigem Rechnungsabschluss auf fast € 20 Millionen.
Vom Landespolizeikommando oder im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung verfügte Strafgelder wurden nicht über das Rechnungswesen der Behörden abgewickelt, sondern direkt an die Widmungsstellen abgeführt. Das Landespolizeikommando führte so im Jahr 2009 rund € 1,8 Millionen direkt an die Widmungsstellen ab. Die Strafgeldgebarung ist jedoch vollständig auf Bankkonten und im Rechnungswesen der Behörde (Land NÖ) darzustellen.

Abwicklung der Verwaltungsstrafverfahren

Die Gesamtzahl der eingelangten Anzeigen erhöhte sich seit 2007 um rund 102.000 oder 10 % auf rund 1,1 Millionen im Jahr 2009. Außerdem waren um rund 147.000 oder 25 % mehr Anonymverfügungen zu erstellen.
Die Anonymverfügungen wurden bis 2006 zu rund einem Drittel durch die Bezirkshauptmannschaften und zu rund zwei Drittel unter Einbindung einer Fremdfirma erledigt. Im Jahr 2007 nahmen die Bezirkshauptmannschaften dafür eine neu entwickelte IT-Anwendung, das „Strafenprogramm NEU", in Betrieb. Damit war eine gänzliche Eigenverarbeitung der Anonymverfügungen möglich, wodurch die Kosten für die Fremdfirma von rund € 0,5 Millionen jährlich eingespart werden konnten. Ab April 2010 wurde mit dem Strafenprogramm NEU auch ein Großteil der Strafverfügungen automatisiert abgewickelt. Dadurch wurde einer Empfehlung aus dem Bericht LRH 15/2001 „Voranschlagsunwirksame Gebarung bei den Bezirkshauptmannschaften" nachgekommen.
Allein im Jahr 2009 wurden rund 172.000 elektronisch eingebrachte Anzeigen nicht weiterverfolgt, weil die Ermittlung der Fahrzeughalter und -lenker im Ausland innerhalb der Verjährungsfrist vielfach nicht zu bewältigen ist. Der NÖ Landesrechnungshof hält daher Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Grundlagen für die Verfolgung von Verwaltungsstrafsachen mit Auslandsbezug auf nationaler und internationaler Ebene für zweckmäßig.
Da keine landes- oder bundesweite Evidenz verwaltungsbehördlicher Bestrafungen besteht, führt jede Strafbehörde, also im Wesentlichen die Bezirksverwaltungsbehörden sowie die Bundespolizeidirektionen, ein eigenes Strafregister. Diese Register sind grundsätzlich untereinander nicht vernetzt. Daher sollte ein bundesweites Verwaltungsstrafregister eingerichtet werden.

Personalbedarf

Im Jahr 2009 waren rund 236.000 bzw. 27 % Anzeigen mehr zu bearbeiten als im Jahr 2005. Die daraus erstellten Anonymverfügungen stiegen, während die Anzahl der erstellten Strafverfügungen und Straferkenntnisse stagnierte bzw. leicht zurückging. Im gleichen Zeitraum sank der Personaleinsatz (Vollzeitäquivalente) bei den Bezirkshauptmannschaften leicht.
Der NÖ Landesrechnungshof führte dies auf die weitgehend automatisierte Abwicklung der standardisierten Verfahren und auf die Zusammenfassung von Arbeitsschritten zurück, wie zum Beispiel die zentrale Bearbeitung der Einnahmengebarung bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung. Außerdem war der Strafrahmen für Anonym- und Strafverfügungen angehoben worden. Andererseits zeigten Beispiele einen vermehrten Arbeitsaufwand bei jenen Verfahren, die nicht automatisiert abgewickelt werden konnten.
Die Personalbedarfsberechnung aus dem Jahr 1990 und die Stellenbeschreibungen waren daher an die geänderten inhaltlichen, mengenmäßigen und zeitlichen Anforderungen anzupassen.

Strafenprogramm NEU

Das Strafenprogramm NEU wickelt die Anonymverfügungen sowie seit Frühjahr 2010 einen Teil der Strafverfügungen in hohem Maß automatisiert ab. Dabei werden die elektronischen Anzeigen übernommen und nach insgesamt über 500 Regeln standardisiert verarbeitet.
Die Programmentwicklung dauerte mehrere Jahre, erfolgte jedoch nicht als Projekt im Sinne der Dienstanweisung „Projektmanagement" und ohne Kosten-Nutzen-Vergleich zwischen Eigenentwicklung des Programms und Fremdentwicklung.
Die Arbeitsgruppe Strafen der Bezirkshauptmannschaften war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt und wirkt an der inhaltlichen Wartung des Programms mit. Dies gewährleistet den Praxisbezug und dient der Qualitätssicherung. Der NÖ Landesrechnungshof vermisste jedoch die Mitarbeit der Fachabteilungen des Amtes der NÖ Landesregierung.